Mit großem Tamtam wird aktuell eine Studie diskutiert, die an der TU Dortmund erstellt wurde. Diese Studie kommt zu dem Ergebnis, dass ein entgeltfrei zu nutzender ÖPNV keinen positiven Beitrag zur Verbesserung der Luftqualität und des Klimas in den Städten leiste. Als Gründe werden vor allem sog. Beharrungskräfte benannt, also das Verbleiben in gewohnten Routinen. Erst bei einer Verdopplung des Preises seien PKW-Fahrer*innen bereit, über ihre Mobilitätsgewohnheiten nachzudenken.
Tatsächlich gab es schon vor der aktuellen Studie mehrere ernst zu nehmende Hinweise, dass mit dem „ÖPNV zum Nulltarif“ allein nicht viel gewonnen ist. Aber wer hat das jemals behauptet? DIE LINKE. Essen jedenfalls tritt für eine echte Verkehrswende ein.  Die Verkehrswende dient aber nicht allein der Verbesserung von Luftqualität und Klima in den Städten, sondern auch der Attraktivierung der Städte insgesamt.
Der ÖPNV zum Nulltarif gehört unbedingt dazu. Aber eben auch die konsequente Förderung des Fuß- und des Radverkehrs. Gerade in einer Stadt wie Essen, wo der Radverkehr notorisch zu kurz kommt, sind hier die größten und schnellsten Fortschritte zu erwarten. Deshalb steht unsere Forderung nach einem ÖPNV zum Nulltarif auch nicht in einem Widerspruch zu den kommunizierten Befunden der Dortmunder Studie.
Wir sind sogar bereit anzuerkennen, dass nicht nur die Beharrungskräfte enorm sind und über längere Zeit dazu beitragen werden, an gewohnten Mobilitätsmustern festzuhalten – selbst wenn längst klar ist, dass sie schädlich sind. Darüber hinaus anerkennen wir die Bedeutung des PKW sowohl als Fortbewegungsmittel als auch als Beschäftigungsfaktor. Unsere Forderung lautet mithin nicht: Abschaffung des PKW sofort! Sie lautet noch nicht einmal: Verdopplung des Preises der PKW-Nutzung sofort.
Beides würde sehr wahrscheinlich zu negativen Effekten führen und wäre zudem sozial auch außerordentlich unausgewogen. Solange in Deutschland (und anderswo) Millionen Menschen ihr Geld in der Autoindustrie verdienen, solange die Radwegeinfratruktur unterentwickelt ist und solange der ÖPNV so schlecht aufgestellt ist wie er aufgestellt ist, kann niemand ernsthaft die Abschaffung des PKW wollen.
Wer aber mit den genannten Gründen überhaupt nicht an einer Verkehrswende zu arbeiten bereit ist, verhält sich mindestens genauso falsch.
DIE LINKE. Essen fordert deshalb eine strikte Umkehr von der bisherigen auf das Auto ausgerichteten Verkehrspolitik. Geld muss in den Umweltverbund – also öffentliche, Rad- und Fußverkehre – fließen statt in die PKW-Infrastruktur. Dauerhaft lassen sich so Mittel sparen, weil PKW für ihre Besitzer*innen und die Gesellschaft am teuersten sind. Mit attraktiveren Bussen und Bahnen, Rad- und Fußwegen wird ein wichtiger Impuls weg vom PKW gesetzt. Vor allem weil die allermeisten mit dem PKW zurückgelegten Strecken kürzer als fünf und sogar kürzer als zwei Kilometer sind, eignen sie sich sehr gut für umweltfreundlichere und gesündere Verkehrsmittel. Gleichzeitig müssen wir aber auch den Mut aufbringen, laut und deutlich zu sagen, dass die Zeit der Privilegien für die PKW zu Ende geht und sie künftig an den von ihnen verursachten Kosten angemessen beteiligt werden.
Eine Verkehrswende kann nur als Gesamtstrategie funktionieren. DIE LINKE. Essen legt sich fest: Wir wollen die Verkehrswende und wir wollen eine gesunde und lebenswerte Stadt für alle. Das geht nur mit einer konsequenten Förderung von öffentlichen, Rad- und Fußverkehren – und der Einbeziehung der PKW in eine gesellschaftliche Kostenbilanz.
Als Fazit bleibt zu sagen: Ja, der ÖPNV zum Nulltarif ist bestenfalls ein Schritt in die richtige Richtung. Er ist aber nur ein Mittel zum Zweck, nicht der Zweck selbst. Deshalb müssen wir komplex denken und die anderen Verkehrsträger, Wohnbau und Stadtentwicklung und weitere Politikfelder einbeziehen.

Foto:By Christian Liebscher (Platte) (Own work) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

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