Zwei Monate sind seit der Bundestagswahl vergangenen, doch eine neue Regierung ist noch nicht gebildet. Das liegt vor allem am Scheitern der sogenannten Jamaika-Koalition zwischen Union, FDP und Grünen. Dass Jamaika nicht zu Stande kam, ist keine Folge größerer inhaltlicher Probleme, sondern vor allem die Folge der Strategie der FDP. Sie war bestimmt von der Sorge, infolge einer Regierungsbeteiligung marginalisiert zu werden.

Dabei konnte der rechte Teil der Verhandlungen, FDP und CSU, viele Zugeständnisse erzielen und die Grünen vor sich hertreiben. Denn diese waren für ein paar Ministerposten bereit, einen Großteil ihrer letzten humanistischen und ökologischen Ziele aufzugeben. Egal ob beim Thema Verbrennungsmotor, Kohlekraftwerke oder Obergrenze für die Aufnahme Geflüchteter, überall zeigte sich die Partei offen für faule Kompromisse zulasten von Mensch und Natur. Kompromisse, die dann mit schönerem Namen verkauft werden sollten, wie die Obergrenze von 200.000, die zum „atmenden Rahmen“ wurde.

Infolge dieses Einknickens verwundert es auch nicht, dass es nicht die Grünen sind, die von der Presse angegriffen werden, sondern die FDP. Deren Vorsitzender Lindner ist innerhalb weniger Tage vom Liebling der Medien zum Bösewicht geworden. Dabei kommt seine Ablehnung einer Regierungsbeteiligung auf Bundesebene wenig überraschend. Zu zahlreich waren in den vergangenen Jahren seine Äußerungen, die Regierung sei kein Selbstzweck, das Ziel sei eine starke FDP. Dabei konnte er keinen konkreten Grund für das Scheitern nennen. Der Slogan „Besser nicht regieren, als falsch“ soll nur davon ablenken, dass es der FDP wieder einmal nur um das eigene Wohl ging.

SPD: Verantwortung für den Staat

Nach dem Scheitern der Regierungsbildung mit einer Jamaika-Koalition soll nun die Sozialdemokratie wieder in die Regierung eingebunden werden. Es soll eine neue Große Koalition her. Nachdem der SPD-Vorsitzende am Wahlabend unter lautem Jubel seiner Getreuen verkündet hatte, die Zusammenarbeit mit der CDU in der Großen Koalition sei beendet, knickte die SPD-Führung nach einigen Tagen des Zögerns ein und erklärte sich bereit zu neuen Gesprächen über eine mögliche Koalition. Getrieben wurde sie dabei von ihrem rechten Flügel, dem so genannten Seeheimer Kreis, den eine Regierung unter Merkel mehr begeistert als jeder Kampf um sozialstaatliche Verbesserung.

Unterstützung erhielten Scholz und seine Seeheimer von den Medien, die an die Verantwortung der SPD für die Bundesrepublik appellierten und Kompromisse mit der CDU forderten. Der Basis und dem linken Flügel der Sozialdemokratie dagegen ist nicht wohl bei solchen Kompromissen. Und so herrscht Chaos in Berlin, da nicht sicher scheint, ob eine Regierung gebildet werden kann, oder ob zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik der Bundestag neu gewählt werden muss, weil sich die Parteien nicht auf eine Regierung einigen können.

Während große Teile der Wirtschaft und der etablierten Parteien Neuwahlen oder eine Minderheitsregierung verhindern wollen, wären beide Möglichkeiten für die Mehrheit der Bevölkerung kein Nachteil. Im Gegenteil: Sie bieten Chancen  für eine sozialere Gesellschaft und die Beförderung von Bewegungen für höhere Löhne und Renten.

Eine schwarz-grüne Minderheitsregierung wäre angewiesen auf Stimmen von SPD oder FDP und könnte durch außerparlamentarische Bewegung zu Verbesserungen getrieben werden. Für die SPD wäre dies eine Chance, ihr soziales Profil zu schärfen. Sie steht unter dem Druck ihrer Basis, soziale Forderungen durchsetzen, um nicht noch weiter zu verlieren. Für DIE LINKE würde diese Koalition die Möglichkeit bieten, zusammen mit sozialen Bewegungen die Spielräume im Parlament durch Druck von außen zu erweitern.

Eine Neuwahl dürfte ebenfalls die Spielräume für soziale, friedliche und ökologische Politik erweitern, da die Grünen einmal gezeigt haben, dass es auch mit ihnen in der Regierung keine Verbesserung für Natur und Menschen gäbe. DIE LINKE könnte im Wahlkampf noch deutlicher zeigen, dass es nur eine Partei gibt, die sich klar positioniert gegen Umweltzerstörung und für einen starken Sozialstaat.

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