NRW hat gewählt. Rot-Grün ist Geschichte, Schwarz-Gelb erlebt wohl die Wiederaufführung. Die AfD-Rassisten setzen ihren Höhenflug fort. DIE LINKE verfehlte ihr Wahlziel, den Wiedereinzug in den Landtag, nur knapp. NRW ist – im wahrsten Sinne des Wortes – Kraft los.

Die Landtagswahl wurde in landespolitischen Fragen entschieden. Geschickt spielten CDU-Laschet und FDP-Lindner die Klaviatur der vermeintlich rot-grünen Misserfolge. Ob innere Sicherheit, Bildungspolitik oder Straßenbau, überall konnte die CDU-Kampagne punkten, obwohl alle diese Probleme in der Regierungszeit von CDU/FDP vor 2010 entstanden sind oder verschlimmert wurden:

  • Schwarz-Gelb haben wir die Bildungsmisere zu verdanken, vor allem das Turbo-Abi „G8“ und den falsch konstruierten „Ganztag“, der keiner ist. Rot-Grün hatte kein eigenes bildungspolitisches Konzept und den Mangel nur weiter verwaltet.
  • Schwarz-Gelb hat Stellen bei der Polizei und anderen Behörden gestrichen, um den Haushalt zu entspannen. Das Ziel wurde erreicht, die unsägliche „Schuldenbremse“ in die Landesverfassung zu bringen. Wer heute über fehlende Polizeikräfte jammert, kann hier die wirklich Verantwortlichen adressieren.
  • Schwarz-Gelb hat landesweit die Stellen in der Verkehrsplanung gekürzt und setzte auf Public-Private-Partnership. Und während heute über Staus als vermeintlichem Ergebnis von Rot-Grün gezetert wird, sind die tatsächlich Verantwortlichen nun wieder gewählt.

Die SPD appellierte in ihrer Kampagne mit dem heimeligen „#NRWIR“ an das Gefühl aus den Zeiten eines Johannes Rau, als die Werktätigen selbstverständlich alle noch die gute alte Tante wählten. Statt CDU und FDP dort zu stellen, wo sie angreifbar waren, fuhr die SPD den Kuschelkurs. Mit dem Schwenk nach der Saarland-Wahl, eine Koalition mit der Partei DIE LINKE auszuschließen, und der Aussage von Hannelore Kraft, wie wichtig es sei, DIE LINKE aus dem Landtag NRW herauszuhalten, wollte die SPD in letzter Minute noch den bürgerlichen Schichten signalisieren, wie „ungefährlich“ sie doch sei. Das war ein klares Signal für eine große Koalition. Doch die bürgerlichen SPD-Wähler*innen verstanden das als Aufforderung: Die SPD verlor 310.000 Stimmen an die CDU und 160.000 Stimmen an die FDP. Mit der Ausschließeritis gegen LINKS stellte die SPD sich selbst das Bein, über das sie nun fällt. Der „Schulz-Zug” steht auf dem Abstellgleis!

Die Grünen hat diese Wahl kalt erwischt. Vor allem die Bildungsmisere konnte der unbeliebten Schulministerin Löhrmann angelastet werden. Die Kompromisse hinsichtlich des Braunkohleabbaus und des Betriebes der Uran-Anreicherung in Gronau vergraulten viele überzeugte Umweltschützer*innen. Und das bundespolitische Spitzenduo Cem „Ödemir“ und Kathrin „Boring-Eckart“ („heute show“) taugt eher als Wegbereiter für Schwarz-Grün im Bund. Das war und ist aber nicht gefragt. Die Halbierung des Wahlergebnisses von 2012 war die fällige Konsequenz.

Die AfD kann zum 13. Mal in Folge in einen Landtag einziehen. Allein 300.000 Stimmen gewann sie von den „Sonstigen“ hinzu, vermutlich vieler ehemaliger Wähler*innen der Piraten, die in den Analysen hierunter mit ausgewiesen werden. Zweitgrößte Gruppe waren die Nichtwähler*innen mit 120.000, dahinter mit 60.000 die SPD. Dass im Herzen des Ruhrgebiets so viel AfD gewählt wird, weil die Menschen sich benachteiligt und betrogen fühlen, führte zu Wahlergebnissen über 20 Prozent in einzelnen Wahlbezirken. Dennoch hat sie landesweit schlechter abgeschnitten als vor diesem Hintergrund zu befürchten war. Die Gefahr einer rechtsradikalen Massenpartei bleibt virulent.

Und DIE LINKE? Gegenüber 2012, als sie mit 194.428 Stimmen (2,5 Prozent) aus dem Landtag flog, erreichte sie nun 415.808 Stimmen (4,9 Prozent). DIE LINKE gewann jeweils 60.000 Stimmen von SPD und Grünen, 40.000 Stimmen von Nichtwähler*innen und sogar 10.000 Stimmen von der FDP hinzu, gab aber auch 10.000 Stimmen an die AfD ab. Im Ergebnis hat sich DIE LINKE mehr als verdoppelt, das Wahlziel aber dennoch knapp verfehlt. Genau 8.561 Stimmen fehlten zum Einzug in den Landtag.

Die wären durchaus drin gewesen. Immerhin enterten noch 80.939 Leute (1,0 Prozent) das das sinkende Piraten-Schiff. 55.019 Menschen (0,6 Prozent) wählten statt sinnvoller Politik lieber die Spaß-PARTEI. Die MLPD erreichte 7.712 Stimmen (0,1 Prozent). Die aus der Essener LINKE-Abspaltung „Schöner links“ entstandene „Schöner leben“-Kleinstpartei kam auf 5.164 Stimmen (0,1 Prozent). Um hier nur „unser“ Spektrum im engeren Sinne zu nennen: Sie alle haben dazu beigetragen, dass DIE LINKE nicht im Landtag Platz nehmen kann.

Entgegen aller Diskussionen im Vorfeld der Wahl hat eine politische Kraft kaum dazu beigetragen: die DKP. Unter ihrem Bundesvorsitzenden Patrick Köbele aus Essen, der dringend einen politischen Erfolg gebraucht hätte, erreichte sie wohl nur noch die ganz Überzeugten: 2.906 Stimmen landesweit, das sind 0,034 Prozent. Da wird es wohl Zeit, über die Selbstauflösung nachzudenken…

DIE LINKE kämpft nun um einen deutlichen Stimmenzuwachs bei der Bundestagswahl im September. Nach den drei Landtagswahlen im Saarland, Schleswig-Holstein und NRW wissen wir: Die SPD wird lieber freiwillig untergehen als ihr Streben nach „mehr Gerechtigkeit“ in die Tat umzusetzen. Wer tatsächlich mehr Gerechtigkeit will, hat nur noch DIE LINKE an ihrer oder seiner Seite.

An diesem Punkt war die in den eigenen Reihen durchaus umstrittene Plakatserie zur NRW-Landtagswahl so falsch nicht. Denn die Losung „Zeig Stärke!“ heißt auch: Vertraue auf Dich selbst, entwickle die eigene Politik, statt Dich von anderen leiten zu lassen. Eine andere Wahl hat DIE LINKE ohnehin nicht.

 

Quellen für die genannten Zahlen: Landeswahlleiter NRW und wahl.tagesschau.de

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