Am 18.4. wurden in der Savignystraße (Holsterhausen) und in der Cäsarstraße (Rüttenscheid) die ersten beiden Fahrradhäuschen in Essen eröffnet. Das begrüßen wir sehr, ist doch die leichte Verfüg- und Erreichbarkeit des Rads eine wichtige Voraussetzung für dessen Nutzung im Alltag. Das ewige Schleppen über enge Kellertreppen hört damit auf. Essen braucht viel mehr solcher Häuschen – in Dortmund gibt es schon 14, in Hamburg angeblich an die 400!

In jedes dieser Häuschen passen bis zu zwölf Räder, die an einer Spindel pneumatisch unterstützt aufgehängt werden. Wären die Häuschen nicht mit einer Lochblechfassade eingehaust und stünden sie nicht offen auf Klötzchen, dann wäre sogar ein effektiver Witterungsschutz gelungen. Doch das ist nur ein vergleichsweise kleiner Kritikpunkt – andere wirken stärker.

Angeblich hat die Stadt Essen mit Mitteln des Grüne Hauptstadtjahres 20.000,- Euro für die beiden Häuschen spendiert. Die Preise in Dortmund und Hamburg liegen jedoch nur bei etwa der Hälfte (abhängig von Typ und Größe). Die Stadt Essen stellt außerdem großzügig den öffentlichen Grund dafür zur Verfügung – allein die Erwähnung dieses Umstands ist bedenklich, stehen doch zehntausende PKW ganz selbstverständlich kostenlos auf öffentlichem Grund rum.

Damit hört die Verantwortungsbereitschaft der sich dafür feiernden Stadt aber auch schon auf. Der Betrieb der Häuschen wird an einen Verein gereicht, den ADFC. Das passiert zwar auch in anderen Kommunen, ist aber dennoch falsch, zumal, wenn diesem Verein sämtliche mit dem Betrieb einhergehende Risiken aufgebürdet werden, der diese ruckzuck an die Mieterinnen und Mieter der Fahrradstellplätze im Häuschen weiterreicht.

Die verlangte Miete richtet sich nämlich nach dem Auslastungsgrad der Häuschen. Die ohnehin schon ziemlich teure Monatsmiete in Höhe von mindestens 8,- Euro gilt nur, wenn alle Plätze belegt sind. Werden nur sechs Plätze vermietet, steigt die monatliche Miete auf das Doppelte. Bei weniger als sechs vermieteten Plätzen behält sich der ADFC ein Sonderkündigungsrecht vor.

Das Risiko bleibt also vollständig bei der Mieterin bzw. dem Mieter.

Ein paar Zahlen zum Vergleich: Die meisten Straßenparkplätze können unentgeltlich von PKW genutzt werden. Bewohnerparkausweise (wie z.B. in der Cäsarstraße) kosten 30,- Euro pro Jahr – natürlich unabhängig davon, wie viele Plätze belegt sind. 16,- Euro im Monat für ein Fahrrad bedeuten 192,- Euro im Jahr, also mehr als sechsmal so viel wie für ein Auto! Ein Auto braucht ungefähr so viel Platz wie 8-10 Fahrräder. Entsprechend müssten die Kosten erst recht ins Verhältnis gebracht werden.

Oder anders: Sagen wir, ein durchschnittliches Auto auf Essener Straßen hat einen Wert von 10.000,- Euro, ein durchschnittliches Rad koste 500,- Euro. Dann ergeben sich folgende relativen Abstellkosten: Für ein Auto zahle ich pro Jahr schlimmstenfalls 0,3% des Wertes, für ein Rad bestenfalls 19,2%. Nach spätestens fünf Jahren habe ich also den gesamten Wert des Fahrrads gerade noch einmal dafür ausgegeben, es einigermaßen geschützt unterzustellen (und das auch nur bei Vollauslastung des Häuschens). Für ein Auto müssten unter diesen Annahmen jährlich satte 2.000,- Euro gezahlt werden – das wäre dann fürwahr ein wirksamer Beitrag zur Verkehrswende.

In Dortmund, wo die Häuschen ebenfalls vom ADFC betrieben werden, sind einmalig 180,- Euro fällig und jährlich 20,- Euro. Eine Stadt, der wirklich daran gelegen ist, den Modal Split zugunsten des Radverkehrs zu verändern, könnte sich dazu bereit erklären, die 180,- Euro zu übernehmen – und z.B. über mehr kostenpflichtige Bewohnerparkzonen für Autos und einen geringfügig erhöhten Kostensatz (z.B. 40,- oder 60,- statt 30,- Euro) zu finanzieren.

Bei Kosten von mindestens 100,- Euro im Jahr und all den Risiken werden gerade die Menschen ausgeschlossen, die womöglich auf die Nutzung ihres Rads angewiesen sind, weil sie sich kein Auto leisten können.

Unterm Strich muss also gesagt werden: Gut gedacht ist das Gegenteil von gut gemacht.

Übrigens werden die Häuschen in Hamburg nachbarschaftlich organisiert: Finden sich genug Menschen für ein Häuschen wird ein Antrag bei der zuständigen Behörde im Bezirk gestellt. Nach Genehmigung bleibt es Sache der Nutzerinnen und Nutzer sich über die konkreten Vertragsbedingungen zu verständigen. In Hamburg gibt es auch nicht einen einzigen Typ, sondern eine Vielzahl von unterschiedlichen Häuschen, so dass auf die spezifischen Bedürfnisse und Gegebenheiten reagiert werden kann.

Essen mag sich feiern für 24 geschützte Fahrradparkplätze. Grund dafür besteht nicht.

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